Energieeffizientes Bauen – wieso, weshalb, warum?

Interview mit Univ.-Prof. Werner Lang, Technische Universität München

Energiesparen ist in aller Munde – kein Wunder bei den drastisch steigenden Energiepreisen. Doch wohin führt die Reise? Welche Maßnahmen sind heute für Neu- und Altbauten sinnvoll? Wie lassen sich diese finanzieren und welche energiesparenden Konzepte führen uns schon jetzt in die Zukunft? Fragen über Fragen …

Wissenswertes über energieeffizientes Bauen

Dr.-Ing. Werner Lang von der Technischen Universität in München (TUM) hat sich bereit erklärt, uns einige dieser Fragen zu beantworten. Wir bedanken uns bei ihm für seine wertvolle Zeit und für viele wertvolle Informationen.

Energieeffizientes Bauen – welche grundsätzlichen Maßnahmen sollten bereits bei der Bauplanung Berücksichtigung finden?

Der Einsatz von Energie ist im Bauwesen sowohl für die Sicherstellung eines behaglichen Innenraumklimas – wie z. B. für das Heizen, Kühlen und Belüften – als auch für die Herstellung, den Unterhalt und den Rückbau von Gebäuden notwendig. Um den hieraus resultierenden Gesamtenergiebedarf über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes gesehen möglichst gering zu halten, ist es von ausschlaggebender Bedeutung, bereits in frühen Planungsphasen entsprechend grundlegende Entscheidungen zu treffen und das Gebäude und seine Fassaden- bzw. Dachflächen entsprechend zu konzipieren. Hierbei ist hinsichtlich der Materialwahl der für die Herstellung des Gebäudes notwendige Energiebedarf (graue Energie) besonders zu beachten. Zudem ist auf einen angemessenen Sonnen- und Wärmeschutz zu achten. Die Haustechnik sollte nach Möglichkeit die Nutzung von Solarenergie ermöglichen und zudem sicherstellen, dass über Wärmerückgewinnungsanlagen gerade in der kalten Jahreshälfte die Lüftungswärmeverluste gering gehalten werden. All diese Faktoren müssen von Anfang an aufeinander abgestimmt werden, um im Rahmen einer integrierten Planung sowohl im Hinblick auf die Herstellungs- und Betriebskosten, aber auch im Hinblick auf einen effizienten Energieeinsatz eine optimale Lösung zu erzielen.

Welche Faktoren spielen für ein nachhaltiges Bauen eine Rolle, sprich: Worauf sollte der Bauherr während des Bauprojektes ein besonderes Augenmerk richten, z. B. bestimmte Bauschäden?

Nachhaltiges Bauen bedeutet, sowohl im Hinblick auf den Menschen als auch auf das Ökosystem unserer Erde Bauprojekte so zu entwickeln, dass sie sich in ökologischer, kultureller und ökonomischer Hinsicht positiv auf den Bauherren, den Nutzer des Gebäudes und unsere Umwelt auswirken. Dieses hochgesteckte Ziel lässt sich dann erreichen, wenn in jeder Hinsicht auf Qualität und Werthaltigkeit geachtet wird. Hierzu gehört auch eine entsprechend qualifizierte Planung und Umsetzung während der Bauphase, um spätere Schäden zu vermeiden und um eine lange Lebens- und Nutzungsdauer des Gebäudes sicher zu stellen.

Können Bauherren staatliche Förderungen in Anspruch nehmen und an welche Bedingungen sind diese evtl. geknüpft?

Sowohl im Bereich der energetischen Sanierung bestehender Gebäude als auch der Errichtung energieeffizienter Neubauten finden sich zahlreiche nationale, regionale und lokale Förderprogramme, die sich an unterschiedliche Einkommensgruppen und Nutzerprofile richten:

✔ Ein wichtiger Ansprechpartner ist hierbei die Kreditanstalt für Wiederaufbau (www.kfw.de), die in enger Zusammenarbeit mit den Landesförderbanken sowohl zinsgünstige Kredite, als auch Zuschüsse vergeben.

✔ Darüber hinaus stehen zahlreiche Förderprogramme zur Verfügung, die über zentrale Internetportale, wie beispielsweise des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (http://www.energiefoerderung.info), eingesehen werden können.

Energieeffizienzhäuser und Passivhäuser sind momentan in aller Munde. Städte wie Frankfurt/Main führten sogar eine Passivhauspflicht für städtische Bauprojekte ein. Nun geraten Plus-Energie-Häuser zunehmend in den Fokus der Bauplaner. Wie stehen Sie persönlich zu dieser Entwicklung,
wo sehen Sie Vor- und Nachteile?

Rund 1/3 des gesamten Energiebedarfs Deutschlands entfällt auf unsere Wohngebäude. Davon werden rund 72 % für das Heizen und rund 13 % für die Bereitstellung von Warmwasser benötigt. Rund 15 % entfallen auf den Betrieb von Elektrogeräten sowie die Raumbeleuchtung. Damit stellt der Heizenergiebedarf unserer Wohngebäude im Hinblick auf unseren Gesamtenergiebedarf eine entscheidende Größe dar. Aus diesem Grund ist es völlig richtig über Konzepte nachzudenken, die den Heizenergiebedarf im Gebäudesektor drastisch senken.

Während ein durchschnittliches Einfamilienhaus aus der Zeit zwischen den 50er und den späten 70er Jahren einen Heizenergiebedarf von rund 170 kWh/m2a aufweist, lässt sich im Passivhausbereich ein weitaus geringerer Heizenergiebedarf von rund 25 kWh/m2a erreichen. Das ist eine beachtenswerte und wichtige Leistung.

Das Konzept des Plus-Energie-Hauses baut darauf auf und kombiniert die hohe Energieeffizienz des Passivhauses mit Systemen zur Nutzung von erneuerbaren Energien zur Bereitstellung von Strom und Warmwasser auf der Basis von Solarenergie. Damit lassen sich bei bestimmten Nutzungsarten und geringen Bebauungsdichten – wie beispielsweise im Einfamilienhausbereich – Gebäude realisieren, die im Jahresmittel mehr Energie erzeugen, als sie für den Eigenbedarf benötigen. Das Haus wird damit zum Energielieferanten. Vor der Entscheidung für das ein oder andere Konzept sind jedoch unbedingt die ortsspezifischen Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Bebauungsdichte und die lokal verfügbaren Energiequellen zu beachten, da beispielsweise bei Vorhandensein eines mit Biomasse betriebenen Nahwärmenetzes das Energiekonzept eines gesamtenergetisch optimierten Gebäudes ggf. anders aussehen wird als bei einem auf dem Land freistehend errichteten Einfamilienhaus.

 


 

Über Dr.-Ing. Werner Lang, TUM

Dr.-Ing. Werner Lang ist Univ.-Prof. für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen an der Technischen Universität München (TUM) – eine Stiftung der Bayerischen Bauindustrie. Er ist zudem Leiter des Zentrums für nachhaltiges Bauen der TUM, ein Zusammenschluss von Lehrstühlen aus den drei Fakultäten Architektur, Bau Geo Umwelt sowie Elektro- und Informationstechnik. Darüber hinaus ist er Direktor des Oskar von Miller Forums und Partner im Architekturbüro Lang Hunger Rampp GmbH, München.